Dissertation deutsch
Stand: 01.01.2005

"Becketts Welten im Off" - Eine textgenetisch orientierte Analyse der Raumsemantik in den Dramen Samuel Becketts 

Gegenstand der Dissertation ist eine textgenetisch orientierte Interpretation von 13 ausgewählten Dramen Samuel Becketts. Sie versucht, die literarischen Texte in einen Deutungsbezug zur Gesamtheit des jeweiligen plurimedialen Dramentextes sowie zur Entwicklung des dramatischen Œuvres unter Berücksichtigung der Prosa zu stellen. Entwickelt wird dieser Bezug ausgehend vom Motivzusammenhang des Gedächtnisses, der in Becketts Nachkriegsprosa ebenso wie in seinen Dramen in einer spezifischen Raumsemantik des Erzählens "im Zeichen defizienter Modi der Erinnerung" (Rainer Warning) zum Ausdruck kommt. Die Kernthese ist, dass sich diese Raumsemantik in den Dramen über die topographische Oppositionsstruktur "off(stage) / on(stage)" konstituiert, die der räumlichen Konkretion verschiedener Gedächtnisfunktionen, d.h. im Wesentlichen Erinnern / Vergessen, dient. In den mittleren und späten Dramen verläuft diese Konkretion in erster Linie narrativ, genauer gesagt in Form von narrativen Erinnerungselaborationen (Erinnerungsverbalisationen) einer Figur, die ein vergangenes Geschehen räumlich differenziert beschreibt. Im textgenetischen Teil der Arbeit wird die Genese der narrativen Erinnerungselaborationen innerhalb der frühen Textstufen der jeweiligen Dramen analysiert und nachgewiesen, dass diese Genese nicht den in der Forschung etablierten Vorstellungen von Becketts Schreib- bzw. Revisionspraxis entspricht. So gehen die grundlegenden Manuskriptstudien von S.E. Gontarski und Rosemary Pountney davon aus, dass sich die Entwicklung von Becketts Dramen insgesamt in den Autorrevisionen der einzelnen Dramen widerspiegele. Ebenso wie die Entwicklung des Gesamtwerks kennzeichne diese Revisionen eine "diminuation of reference to any other place and time and event". Aufbauend auf einer raumsemantischen Analyse der Dramenhandlung lässt sich jedoch zeigen, dass in einer Vielzahl der Beckett'schen Dramen die Handlung vom Bühnengeschehen örtlich und zeitlich losgelöst ("offstage"), narrativ-mimetisch realisiert wird. Diese Realisierung basiert auf den oben genannten Erinnerungsverbalisationen, deren Genese sich durch den Revisionsprozess einer deskriptiven Erweiterung auszeichnet, der in den Studien der genannten Interpreten unbeachtet geblieben ist.

Laufendes Projekt
(Stand: 15.11.2004)

Beckett and Romanticism

Publikationen

Aufsätze

  • "Let us not speak" - Die Genese einer 'Konversationstragödie' von Samuel Beckett vor dem Hintergrund seiner Joyce-Rezeption. In: Schrift - Text - Edition. Hrsg. von Walter Hettche u.a. Tübingen: Niemeyer 2003 (=Beihefte zu editio 15/2003)
  • „I close my eyes and try and imagine them – Romantic Discourse Formations in Krapp’s Last Tape” In: Beckett the European. Hrsg. Dirk van Hulle. Kommender Sonderband des Journal of Beckett Studies (2005, im Satz).
  • „The Staging and Revising of Deficient Memory in Krapp’s Last Tape.“ In: The Author as Reader, Hrsg. von Sabine Coelsch-Foisner / Wolfgang Görtschacher,Wien (2005, im Satz).
 
Kontakt


Dr. Philip Laubach-Kiani

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