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Wie in seinen Bearbeitungen der Consolatio und der Nuptiae Philologiae schickt Notker dem Text einige einführende Bemerkungen voraus. Notkers Kategorien-Bearbeitung enthält keine solche Einleitung. Während sich die Vorreden zur Consolatio und der Nuptiae an den jeweiligen Autorenpersönlichkeiten orientieren (accessus ad auctorem im engeren Sinne), steht hier die Thematik im Vordergrund. Notker stellt diese nicht isoliert dar, sondern als Teil der Systematik des Organon, wie er es kannte. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, daß seine Angaben über die Analytiken sowie über die Topik Wissen aus zweiter Hand sind - Prantl 1885 spricht gar von "naiven Mißverständnissen des Verfassers". Vgl. auch Wagner 1972.

Der Aufbau des Organon wird in einer Abfolge von den Einzelteilen hin zum Zusammengesetzten beschrieben, wie man sie auch bei Boethius (In Porphyrium dialogi a Victorino translati; Migne 64, 0009A-0070D) findet: einzelne Wörter und ihre Bedeutungen - einfache Aussagesätze - konditionale Gefüge aus zwei einfachen Aussagesätzen - Syllogismen aus einfachen Aussagesätzen sowie aus konditionalen Gefügen.

Die Praefatiuncula ist in vier Abschnitte einteilbar, von denen nur die ersten beiden die Thematik von De interpretatione umreißen:

Der erste Abschnitt stellt den Zusammenhang mit den Kategorien her und grenzt die Thematik von den eloquia (sprachliche Gebilde, die keinen Wahrheitswert haben) ab, die nicht Gegenstände der Philosophie, wohl aber der Rhetorik und Poetik sind. Die proloquia hingegen sind aufgrund ihres Wahrheitswertes Gegenstand der Philosophie.

Der zweite Abschnitt schränkt den Themenbereich weiter ein; hiernach werden in De interpretatione nur einfache Aussagesätze (simplicia) behandelt, wogegen konditionale Gefüge (Haupt-) Thema der Topik seien. Freilich werden solche (duplicia) auch in De interpretatione besprochen, allerdings nur in bezug auf ihre bedeutungsmäßige Einheit und ihren Zusammenhang mit den einfachen Aussagesätzen (vgl. NiKap 9, NiKap 11, NiKap 14).

Der dritte Abschnitt schließlich geht über die Thematik in De interpretatione hinaus und stellt einen Ausblick auf die folgenden Stufen der philosophischen Ausbildung nach der Ordnung des Organons dar. Zu beachten sind die hier zu entnehmenden Bedeutungen der Begriffe dialectica und logica.

Der vierte Abschnitt dient der Überleitung.