Dissertation deutsch
Stand: 02.06.2004

Figurationen und Gesten des Schreibens. Zur Ästhetik der Produktion in Robert Walsers Prosa der Berner Zeit 

Die kulturellen und individuellen Bedingungen, die für die Produktion und Rezeption von Literatur in der Moderne gelten, erscheinen in den winzigen Bleistiftmanuskripten und den Tintenabschriften von Robert Walsers Schreibsystem geradezu materiell reflektiert.

Die Untersuchung diskutiert die methodischen Zugangsweisen und Begrifflichkeiten, mit denen diese Dokumente Gegenstand literaturwissenschaftlicher Arbeit werden können. Sie rekonstruiert, ohne sich auf die philologische Erschließung und Beschreibung von Schreibprozessen zu beschränken, die individuelle und materialgebundene Poetologie von Walsers Schreiben.

Ausgangspunkt der Studie sind dabei die Differenzen und Konvergenzen von individueller ästhetischer Arbeit und kulturellen Identifikations- und Abgrenzungsmodellen literarischer Autorschaft in Robert Walsers Prosa. Die Ästhetik der Produktion, die in diesem Spannungsfeld angesiedelt ist, wird methodisch aus der Auseinandersetzung mit diskursanalytischen und textphilologischen Ansätzen erarbeitet.

Der erste Teil der Arbeit unternimmt, jeweils ergänzt durch exemplarische Textlektüren, eine Revision begrifflicher Konzepte der aktuellen texttheoretischen Diskussion in den neueren Philologien. Dabei werden Beschreibungsmodelle vorgeschlagen, die über die Beschäftigung mit dem einzelnen Beispiel hinaus die literatur- und kulturwissenschaftliche Erforschung des (literarischen) Schreibens als Praxis, der Metaphorik ästhetischer Produktivität und der Textgenese präzisieren.

Im zweiten Teil wird Robert Walsers poetologische Auseinandersetzung mit den Mustern und Normen von Autorschaft und Literatur im kulturellen Kontext der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts profiliert. Die (Selbst-)Reflexion des literarischen Schreibens und insbesondere seiner Bedingtheit - von der materiellen Dimension der Schreibarbeit bis hin zum poetischen Programm der Texte - erweist sich dabei als das Fundament, auf dem ästhetische Eigenständigkeit bei Walser erst erarbeitet wird.

Publikationen

Aufsätze

Herausgeberschaft

  • [mit Roger Lüdeke (Hrsg.)]: Texte zur Theorie des Texts [erscheint Herbst 2004 bei Reclam, Stuttgart].
  • [mit Davide Giuriato (Hrsg.)]: Bilder der Handschrift. Die graphische Dimension der Literatur [in Vorbereitung].

Rezensionen

  • Marion Gees: Schauspiel auf Papier. Gebärde und Maskierung in der Prosa Robert Walsers. Berlin: Erich Schmidt 2001 (Philologische Studien und Quellen; Heft 168). In: Deutsche Bücher. Forum für Literatur 31 (2001), S. 345-349.
  • H. C. Artmann: ich bin abenteurer und nicht dichter. Aus Gesprächen mit Kurt Hofmann. Mit 33 Fotos und CD. Wien, München: Amalthea 2001; Michael Horowitz: H. C. Artmann. Eine Annäherung an den Schriftsteller und Sprachspieler. Wien: Ueberreuter 2001. In: Deutsche Bücher. Forum für Literatur 32 (2002), S. 82-85.
  • Elke Siegel: Aufträge aus dem Bleistiftgebiet. Zur Dichtung Robert Walsers. Würzburg: Königshausen & Neumann 2001 (= Epistemata. Reihe Literaturwissenschaft; Bd. 328). In: MLN 117 (2002) H. 3, S. 671-674.
  • Dimitris Depountis: Der Weg durch die »Opferung« - Lorenz Lotmars Hauptwerk. Rekonstruktion eines Schreibprozesses. Basel, Frankfurt/M.: Stroemfeld Verlag 2001(edition TEXT, 3). In: Deutsche Bücher. Forum für Literatur 32 (2002), S. 246-249.
  • Markus Krajewski: Zettelwirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geiste der Bibliothek. Berlin 2002 <http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/kammer.html>.
  • Peter Goßens: Paul Celans Ungaretti-Übersetzung. Edition und Kommentar. Heidelberg: Universitätsverlag C. Winter 2000 (=Neues Forum für allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Bd. 9). In: editio. Internationales Jahrbuch für Editionswissenschaft 16 (2002), S. 244-249.
  • Jenseits des "Texts". Zwei neue Studien zum Schreiben und zur Typographie [Rez. zu: Hanspeter Ortner: Schreiben und Denken. Tübingen: Niemeyer 2000 (Reihe Germanistische Linguistik; 214); Susanne Wehde: Typographische Kultur. Eine zeichentheoretische und kulturgeschichtliche Studie zur Typographie und ihrer Entwicklung. Tübingen: Niemeyer 2000 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur; 69)]. In: Text. Kritische Beiträge 8 (2003), S. 119-125.
  • Christian Begemann, David E. Wellbery (Hrsg.): Kunst - Zeugung - Geburt. Theorien und Metaphern ästhetischer Produktion in der Neuzeit. Freiburg i.Br.: Rombach Verlag 2002 (= Litterae; Bd. 82) <http://iasl.uni-muenchen.de/rezensio/liste/kammer2.html>

Sonstiges

  • Hans-Heinrich Plickat/Ulrich Haaf (Hrsg.): Schweizer Schulwörterbuch. Für die Schweiz bearbeitet von Trix Sonderegger (Leitung), Stephan Kammer, Claudia Leuppi und Arnold Schumacher. 2. veränderte und erweiterte Auflage. Zug 1997.
  • [Tagungsbericht] Thorsten Burkard, Stephan Kammer, Harald Saller, Cristina Urchueguía: Symposium »Text und Autor«, Venedig, 27. Juli bis 1. August 1998. In: editio. Internationales Jahrbuch für Editionswissenschaft. 13 (1999), 227-233.
 
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Stephan Kammer