Dissertation deutsch
Stand: 04.06.2004

Überlieferung und Repertoirebildung in Spanien und Portugal am Beispiel der mehrstimmigen Messe (ca. 1490-1630) 

Ich untersuche in meiner Dissertation das umfangreiche Messenrepertoire, das in den Quellen spanischer und portugiesischer Provenienz aus dem oben erwähnten Zeitraum erhalten ist. Ein Katalog, in dem die in mehr als 230 gedruckten und handschriftlichen Quellen erhaltenen Bestand an Meßordinarien, Meßteilen, Meßintavolierungen, Kontrafakturen und Exzerpten dokumentiert sind, bildet den ersten Schritt der Arbeit und gleichsam die Grundlage meiner Untersuchung. Insgesamt beläuft sich das Repertoire auf ca. 650 Stücke in ca. 1200 Einzelüberlieferungen. Die möglichst umfassende Verzeichnung der Konkordanzen in mitteleuropäischen und italienischen Quellen stellte dabei ein wichtiges Ziel. Damit soll die Einbindung der iberischen Überlieferung in den gesamteuropäischen Kontext ermöglicht werden.

Die Studie der Repertoirebildung und Überlieferungspraxis steht im Mittelpunkt der Arbeit. Zwar gilt der iberische Raum im 16. Jh. als wahre musikalische Hochburg, der Aufgabe, die Beziehungen zwischen diesem Raum und den weiteren Kulturzentren zu ermitteln und die Zusammenhänge innerhalb der iberischen Halbinsel zu konkretisierten, hat man sich in der Forschung noch nicht gestellt. Meine Arbeit soll diesem Desiderat für den begrenzten Rahmen einer zentralen Gattung Genüge leisten.

Die wichtigsten Werkzeuge für die Untersuchung der Überlieferungszusammenhänge bieten textkritische Methoden, die zu der stemmatischen Einordnung der spanisch-portugiesischen Überlieferungen dienlich gemacht werden konnten. Mit einer differenzierten und vergleichenden Analyse der verschiedenen stemmatischen Verhältnisse ziele ich darauf hin, ein ideelles Gesamtstemma der spanischen und portugiesischen Überlieferung zu formulieren. Dabei stehen die zwei Typen von Überlieferung, die hauptsächlich handschriftliche und die vornehmlich von Drucken ausgehende für zwei Epochen der Überlieferungsgeschichte. Diese zwei Kategorien werden auch diese Studie strukturieren.

Die Überlieferungsgeschichte bietet erste Anhaltspunkte, um Schlüsse auf die Art und Motivation der Übernahme eines bestimmten internationalen Repertoires zu ziehen. Im Fall der Übernahme internationaler Kompositionstechniken und formaler Ansätze im rein spanischen Repertoire, soll die Art der Beziehung zu den nicht spanischen Messen anhand musikalischer Analysen ermittelt werden. Damit können ferner die spezifischen Merkmale der Kompositionstechniken spanischer und portugiesischer Komponisten ans Licht gebracht werden.

Stemmatische Untersuchung und musikalische Analyse bilden die zwei methodischen Voraussetzungen, um aus der Betrachtung konkreter musikalischer Texte Aussagen über die kulturhistorischen Bedingungen zu treffen, die im iberischen Raum im Bereich musikalischer Entwicklungen greifen.

Das Projekt wurde im April 1999 abgeschlossen.

Postdoc-Projekt
(Stand: 27.05.2004)

Edition und Kommentar von Gonçalo de Vaenas: Arte nouamente inventanda, Lissabon [German Galharde] 1540

 
Kontakt


Dr. phil. Cristina Urchueguía