Dissertation deutsch
Stand: 2004-06-04

Die Kommentierung nach-augustäischer, lateinischer Literatur, dargestellt am zwölften Buch der Thebais des P. Papinius Statius 

Das Promotionsvorhaben soll in einem theoretischen Teil die Spezifika lateinischer Literatur, insbesondere der nachaugustäischen herausarbeiten, um daraus in der Praxis Richtlinien für eine adäquate Lemmatisierung und Kommentierung solcher Texte zu gewinnen.

Beispielsweise ist im 1. Jhdt. n. Chr. ein neues literarisches Selbstbewußtsein zu erkennen, das sich nicht nur darin äußert, die lateinische Literatur als Gegenstand der imitatio gleichberechtigt neben die griechische Literatur zu stellen, sondern diese auch für das Konstruieren von Sinnzusammenhängen zu gebrauchen. Daraus ergibt sich, daß in einem Kommentar zu einem Autor des 1. Jhdts. n. Chr. auf die Benutzung lateinischer Vorbilder besonderes Gewicht zu legen ist - im Fall von Statius Thebais wäre dies vor allem Vergils Aeneis -, da diese nicht nur für interpretatorische Fragestellungen, sondern auch für Sprache, Grammatik, Realien, Quellen-, Textkritik und sonstige poetologische Aspekte für den heutigen Rezipienten den nächsten, wenn nicht den einzigen, Bezugspunkt bilden.

Dieser ursprüngliche Kern der Dissertation, die als eine Theorie der literarischen Gattung "Kommentar" konzipiert war, wurde durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Rahmen des Graduiertenkollegs Textkritik dahingehend erweitert und modifiziert, daß die mit dem Kommentar untrennbar verbundene Dimension des "Textes" als Gegenstand grundsätzlicher Fragestellungen untersucht werden soll.

In seinem gegenwärtigen Stadium betrachtet das Forschungsvorhaben, angeregt durch die Diskussion in den modernen Philologien, den Text als variant, freilich nicht durch den Autor, sondern durch die Überlieferung bedingt, d.h. die einzelnen Formen und Ausprägungen, die die Thebais im Laufe ihrer Überlieferungs- und Editionsgeschichte angenommen hat, sollen als verschiedene Textzustände aufgefaßt werden, die erst in ihrer Gesamtheit den eigentlichen Text bilden. Da sich also der Text in der Rezeption als dynamisch darstellt, der ständigen Veränderungen nach dem Urteil der Editoren unterworfen ist und niemals abschließt, wie die beiden jüngsten Editionen von Hill (1983) und Lesueur (1994) in ihren Abweichungen voneinander beweisen, sind verschiedene Lesarten, gleich welcher Provenienz, für die Kommentierung als grundsätzlich gleichberechtigt anzusehen.

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